Restroom
Wenn man dort in Gefahr gebracht wird, wo man sich am verletzlichsten zeigt: am Klo.
Alter:
Erwachsene
Personen:
ab 4 Personen
2D, 2H
Dauer:
Abendfüllend
Uraufführung:
Januar 2005
Vorarlberger Landestheater Bregenz
Eine Frau sucht mit ihrer Schwester die Toilette einer Tankstelle am Rande einer einsamen Landstraße auf. Wegen eines Defekts ist nur die Herrentoilette intakt.
Inspiriert von der ungewohnten Lokalität, führen die Damen angeregte Klogespräche, während der Ehemann der Frau draußen den Tank füllt. Die Frau klagt über die Tristesse ihres ehelichen Sexuallebens und träumt von der heilenden Wirkung eines potentiellen Seitensprunges mit einem strammen Liebhaber. Da muss sie aus dem Mund der Schwester erfahren, dass ihr der Ehemann bereits zuvorgekommen ist. Unbekümmert berichtet „die Schwägerin“ von einem bereits zwei Jahre zurückliegenden Liebesabenteuer mit dem ”langweiligen Schwager”. Die Betrogene gerät in Rage. Laut streitend verlassen die Schwestern das Klo, welches kurz darauf der Ehemann, von einem dringenden Bedürfnis getrieben, aufsucht. Die Toilette wird allerdings bereits von einem LKW- Fahrer blockiert, den die Schwestern kurz davor der Türe verwiesen haben. Der Ehemann erteilt dem mysteriösem Mann hinter der Klotür bereitwillig über das Sicherheitssystem im Kassenraum Auskunft. Kurz darauf stürmt der Fahrer bewaffnet den Laden. Der Überfall misslingt, die automatische Türensperre schnappt zu. Ehepaar und Schwester werden vom Fahrer als Geisel in der Toilette festgehalten.
Obwohl die Situation in Erwartung der Polizei äußerst gespannt ist, kommen das Täter und Opfertrio einander auf ungewöhnliche Weise näher. Schonungslos werden alte Rechnungen beglichen, die Schwester animiert den Täter zu einem leidenschaftlichen Kuss. Der vermeintliche Seitensprung von damals entpuppt sich als Flop, der Ehemann macht in die Hose, während sich seine Frau in naiver Unerschrockenheit keineswegs vom nervenschwachen Täter aus der Ruhe bringen lässt. Bei einem hysterisches Gerangel um das Gewehr erschießt die Frau aus Versehen ihren Mann. Die Schwester knallt aus Versehen den wild herumfuchtelnden Geiselnehmer ab. Und nachdem sich in einem furiosen Finale der dritte Schuss löst, verlassen die Frauen, aus Versehen unverwundet, mit einem perfekten Alibi die Toilette.
Ein Täter hält nach einem missglückten Überfall drei Leute gewaltsam fest. Eine banale Situation, in die jeder gelangen kann. Doch geht es in Restroom nicht unbedingt um die vordergründige Geschichte der Geiselnahme, sondern um die Konfrontation von Menschen, deren Beziehungsgeflecht von einer alltäglichen in eine extreme Situation wechselt. Raoul Biltgen kippt die Gefährlichkeit der Situation ins Absurde und deckt umso deutlicher die Handlungsmotive seiner Figuren auf. Die Ausnahmesituation, in der sich die Vier in der Toilette befinden, setzt ein schlummerndes Gewaltpotential frei. Doch ist die Geschichte kein Krimi, sondern eher die weitergedachte Konsequenz kriminalistischer Phantasien. Was würde man tun, wenn man könnte? Die Gelegenheit ist perfekt. Die Schwestern handelten scheinbar aus Notwehr…
Aufführungsrechte: Thomas Sessler Verlag
Ein absoluter Lacherfolg im ausverkauften Theater!
Schwäbische Zeitung vom 10.1.2005
Biltgen hat in seinem Vier-Personen-Stück Action und Tiefgang, Komik und Entsetzen verknüpft. Er bringt vier Menschen- eine Frau, ihre Schwester, ihren Mann und einen Fremden- aus dem Alltag in eine Extremsituation, wie man sie aus den Medien kennt, und läßt uns hautnah daran teilnehmen. Ein Geiselnehmer taucht auf, Todesangst steht im Raum. Gibt es eine Verständigung? Vieles, was sicher schien, gerät ins Wanken. Lügen werden ans Licht gezerrt. Wer ist Täter, wer Opfer? Nach einem amüsanten Einstieg kippt die Situation. Eine vorzügliche Arbeit von Regisseur und Intendanten Harald F. Petermichl, der die psychologischen Momente und Wechselspiele behutsam herausarbeitet.